Hugo der Ältere

Der Onkel

Hugo der Neffe
Hugo (der Neffe) / 1901 / Hugo v. Habermann d. Ä. / Öl auf Leinwand / 61 x 37 cm

Hugo v. Habermann d. Ältere (1849-1929) war in seiner Erscheinung der Typ des etablierten Kunstmalers des späten 19. Jahrhunderts in Deutschland. Diesen Typ hatten die Historien- und Bildungsmaler des Klassizismus C. v. Piloty und W. Kaulbach und später die Malerfürsten F. v. Lenbach und F. v. Stuck geprägt. Ihre Bedeutung als Begründer der sog. Münchener Schule beruhte nicht nur auf ihren künstlerischen Qualitäten, sondern auch auf ihrem ganzen Lebensstil, der tonangebend wurde.

Es gehörten dazu ein repräsentatives Atelier, eine großzügige Lebensführung, gesellschaftliche und geschäftliche Gewandtheit, ein akademischer Lehrstuhl, die private Malschule und nicht zuletzt ein Adelsprädikat. Hugo v. Habermann besaß dies alles, ohne sich jedoch in seiner Individualität einschränken zu lassen. Er war im Gegenteil ein Eigenwilliger von hoher künstlerischer Potenz.

Hugo v. Habermanns künstlerischer Weg begann bei C. v. Piloty, wo er sich den Forderungen zum Altmeisterlichen unterzog. Aber schon bald löste er sich aus der verhalten dunklen Farbgebung und den glatten Übergängen. Es wird für ihn der spontane Pinselstrich charakteristisch, der einerseits an die ausschwingende, organische Jugendstillinie erinnert, andererseits das atmosphärisch Augenblickhafte des Impressionismus aufnimmt. Seine Farbigkeit wird zunehmend heller, der Pinselduktus immer sichtbarer und breiter, das Licht-Schatten-Verhältnis immer markanter, die Umrißformen immer aufgelöster. Hugo v. Habermanns Stil mußte in seinem Umkreis als ein „kühner Vorstoß" (Schindler) in Richtung Moderne gelten, der nicht alle Künstler gleichermaßen aufgeschlossen waren. Skeptisch charakterisiert ihn z. B. Max Halbe in seinem Buch „Jahrhundertwende" als „der problematische Habermann".

Olga Hess
Olga Hess / Hugo v. Habermann d. Ä. / Öl auf Leinwand / 66 x 53 cm

Hugo v. Habermann d. Ä. gilt als der Meister des eleganten Damenbildnisses. Seine Portraits „zählen in ihrer dekorativen, mondänen Ausstrahlung, in ihrer klaren Formbestimmtheit und malerischen Kultur zu den besten der Jahrhundertwende" (Herbert Schindler, Große Bayerische Kunstgeschichte). Sie waren hochgeschätzt, obwohl sie — oder gerade weil sie — keineswegs dem glatten, gefälligen Schönheitsideal und Malstil entsprachen. Hugo v. Habermanns eigenwillige Vorliebe galt der „interessanten Häßlichkeit". In diesem Sinn fand er in der Lebensgefährtin Olga Hess sein interessantestes Modell.

Olga war eine auffallende Erscheinung mit feurigem Haar und markanten Gesichtszügen. Ihr Aussehen und ihr etwas exaltiertes und unstetes Wesen — sie konnte auch als Modell nie still sitzen —stimulierte ihn offenbar und beeinflußte seine rasche Maltechnik.

Es kennzeichnet die starke und aufrechte Persönlichkeit Hugo v. Habermanns, daß er sie, die Jüdin, 1929 kurz vor seinem Tode heiratete, um sie mit seiner Pension als Akademieprofessor finanziell abzusichern und sie mit seinem Namen und Ansehen vor Schikanen des ins Kraut schießenden Antisemitismus zu schützen.

Hugo v. Habermanns Beitrag zur Malerei der Jahrhundertwende war anregend und bedeutend. Seine Bilder haben sich bis heute behauptet.